Wie gewinnen wir die Fachkräfte von morgen? Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Veranstaltung, zu der die CSU-Fraktion am 29. Oktober eingeladen hatte. Wie wappnen sich Unternehmen am besten für die Herausforderungen der Zukunft? Wie kann man dem demographischen Wandel entgegenwirken? Und welche Möglichkeiten gibt es, rechtzeitig und nachhaltig Fachkräfte für das Unternehmen zu gewinnen? Experten aus Politik und Wirtschaft diskutierten mögliche Wege, wie die Fachkräftelücke geschlossen werden könnte.
Der stellvertretende Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Karl Freller, ging zunächst auf die Verantwortung von Lehrern und Eltern ein. Ihre Aufgabe sei es, Talente ihrer Kinder zu entdecken. Aus diesem Grund sei er ein Verfechter des differenzierten Schulwesens in Bayern und ein großer Anhänger der dualen Berufsausbildung. Auch Staatsministerin Ilse Aigner unterstrich in ihrem Grußwort deren Wert: „Die Verbindung von Theorie und Praxis ist entscheidend, Akademisierung ist nicht alles.“ In dem Zusammenhang gab sie aber zu bedenken, „nicht am Bedarf für die Wirtschaft vorbei auszubilden“.
Seit 2013 haben dem Hauptgeschäftsführer der IHK Schwaben, Peter Saalfrank, zufolge in Bayern mehr Personen ein Studium als eine berufliche Ausbildung begonnen. Dies sei auf eine Geringschätzung der Gesellschaft gegenüber dem Thema Berufsausbildung zurückzuführen, beklagte er. „Nach dem wichtigen Fokus auf Hochschulen muss nun der Fokus auf Berufsschulen gestärkt werden.“ Ein Weg in diese Richtung könne sein, das Fach Berufsorientierung an Gymnasien einzuführen. Die Lehrer für die Berufsorientierung besser vorzubereiten empfahl Christine Moser, Geschäftsführerin eines Zimmereibetriebes im niederbayerischen Wittibreut, während der Diskussionsrunde, die von Thomas Huber, dem Leiter der Arbeitsgruppe Demografische Entwicklung der CSU-Fraktion, moderiert wurde.
Wie es bereits gelingt, Jugendliche und junge Erwachsene für die duale Berufsausbildung zu gewinnen, wurde in verschiedenen Praxisbeispielen vorgestellt. Jochen Kunert, Bereichsleiter Berufliche Bildung beim Berufsförderungswerk München, berichtete über die berufliche Integration von behinderten, älteren und psychisch kranken Menschen. Die IHK Schwaben konnte zum jüngst begonnen Lehrjahr fast 60 junge Flüchtlinge aus Krisengebieten in eine Ausbildung oder eine Einstiegsqualifizierung vermitteln. Ein Erfolg, den Josefine Steiger, Leiterin des Fachbereichs Ausbildung der IHK Schwaben, vorstellte. Und unter dem Motto „Umstieg ist kein Abstieg“ präsentierte Frank Weth, Geschäftsführer der Handwerkskammer Unterfranken, ein Projekt, das Studienabbrecher für handwerkliche Berufe begeistern will.
Einig waren sich die Teilnehmer der Runde darin, dass zur erfolgreichen Vermittlung in die Berufsausbildung vor allem erfahrene Helfer und Berater in Betrieben und Kammern benötigt werden. „Wir brauchen Kümmerer“, fasste der Präsident des Bayerischen Handwerkstages, Georg Schlagbauer, zusammen. Daher wurde auch das Instrument der assistierten Berufsausbildung der Bundesagentur für Arbeit einhellig gelobt. Der Leiter der Regionaldirektion Bayern, Dr. Markus Schmitz, warnte davor, die jungen Flüchtlinge nun möglichst schnell in Hilfstätigkeiten zu vermitteln. Der nachhaltigere Weg für die Gesellschaft sei es vielmehr, die Migranten zu qualifizieren und sie nicht als „Hilfsarbeiter von morgen“ sondern vielmehr als „Fachkräfte von übermorgen“ anzusehen. Abgeordneter Markus Blume, der auch Vorsitzender der CSU-Wirtschaftskommission ist, wagte in seinem Schlusswort einen Ausblick in eine digitalisierte Zukunft: „Sehr wahrscheinlich ist uns mindestens die Hälfte der Qualifikationen, die die Wirtschaft in 30 oder 40 Jahren benötigt, zum jetzigen Zeitpunkt noch unbekannt.“